Montag, 4. Dezember 2023 | Aktuelles

Richtig geknickt – Parlamentarischer Abend zur Knickpflege

Etwa 65 Gäste aus der Politik, der Landwirtschaft, Naturschutzverbänden und der Wissenschaft kamen zu unserem Parlamentarischen Abend zum Thema "Knickpflege als immaterielles Kulturerbe"

Autor Matthias Stührwoldt beim Parlamentarischen Abend
Autor Matthias Stührwoldt erzählte beim Parlamentarischen Abend Geschichten von "Buern un Knicks"

„Das kannste knicken“, sagen wir im Sprachgebrauch gerne, wenn wir meinen, dass aus einer Sache nichts werden kann. In der Landwirtschaft meint der Begriff „Knicken“ jedoch noch etwas anderes, nämlich die traditionelle Knickpflege, die seit dem Frühjahr 2023 als Immaterielles Kulturerbe von der UNESCO anerkannt ist und der wir am vergangenen Mittwoch im Kieler Landeshaus einen ganzen Abend gewidmet haben.

Allem Schnee zum Trotz, der unsere schleswig-holsteinischen Knicks in weiße Märchengebilde verwandelt hat, kamen rund 65 Gäste zu unserem Parlamentarischen Abend zum Thema „Knickpflege als immaterielles Kulturerbe“. Verschiedene Vortragende warfen dabei aus ganz unterschiedlichen Perspektiven einen Blick „Achtern Knick“.

Knickpflege als gelebter Naturschutz

Umweltminister Tobias Goldschmidt betonte in seinem Vortrag die zahlreichen ökologischen Funktionen von Knicks wie zum Beispiel Biotopvernetzung oder Schutz vor Erosion. „Knicks sind heute gelebter Naturschutz und die Knicks leben davon, dass sie gepflegt werden,“ so der Umweltminister.

SH Umweltminister Tobias Goldschmidt beim Parlamentarischen Abend
Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt sprach beim Parlamentarischen Abend über die "Knicks als Multitalente der Grünen Infrastruktur des Landes"

Denn damit die Wallhecken schön dicht wachsen und ihren Nutzen voll und ganz erfüllen können, müssen sie alle 10 bis 15 Jahre fachgerecht beschnitten – in der Fachsprache: auf den Stock gesetzt werden. Dazu werden die Gehölze etwa eine Handbreit über dem Boden abgeschnitten, früher händisch mit der Motorsäge, heute mit schwerem Gerät und der Knickschere. Was für eine außenstehende Person oft wie ein Kahlschlag aussieht, sei in Wirklichkeit eine wichtige Naturschutzmaßnahme, erläuterte Goldschmidt.

Modellvorhaben zur Förderung der Überhälter

Beim korrekten „Knicken“ wird alle 40 bis 60 Meter außerdem ein Überhälter stehen gelassen, ein großer, starker Zukunftsbaum, der – sofern er immer weiterwachsen darf – wichtige Funktionen für die Natur und den Erhalt der Artenvielfalt übernimmt, zum Beispiel als Habitat für Vögel oder Säugetiere. Weil es aber leider immer wieder passiert, dass Überhälter versehentlich oder aus Unwissenheit gefällt werden, plant der SHHB zu ihrem Schutz ein Modellvorhaben im Kreis Plön, das unser Umweltreferent Samuel Steinhilber am Mittwoch vorstellte: „Wir wollen für die Landwirte und Landwirtinnen einen finanziellen Anreiz schaffen, die Überhälter stehen zu lassen“, erklärte er in seinem Vortrag. Am Projekt sollen verschiedene Institutionen beteiligt werden, darunter im Idealfall das Umweltministerium, der Bauernverband und Naturschutzverbände. Außerdem ist eine Zusammenarbeit mit der Europa-Universität Flensburg (EUF) zur digitalen Erfassung und Kartierung der Überhälter geplant.

Vun Buern un Knicks

Doch Knicks haben nicht nur ökologische Funktionen, sondern bestimmen auch optisch das Landschaftsbild unseres Landes. Für Knickbotschafter und Landwirt Heiner Staggen steht daher fest: „Dass die glücklichsten Menschen in Schleswig-Holstein leben, liegt auch an den Knicks.“ Denn diese prägten Schleswig-Holstein wie kein anderes Bundesland. Auch seinen Kollegen und Kolleginnen aus der Landwirtschaft gab er etwas aus seiner Erfahrung mit auf den Weg: „Wir wirtschaften intensiv, können der Natur durch die Knicks aber auch viel zurückgeben. Für mich sind intensive Landwirtschaft und Naturschutz kein Widerspruch“, stellte er klar.

Auch Matthias Stührwoldt warf in seinem plattdeutschen Vortrag einen Blick auf das Verhältnis zwischen der Landwirtschaft und den Knicks: „De Beziehungsstatus twüschen de Buern un de Knicks weer lang komplizeert un kann dör düsse Initschatiev jüst beter warrn“, sagte der Autor und Landwirt. Zudem gab er einige amüsante Geschichten von „Achtern Knick“ zum Besten, insbesondere aus seiner Kindheit und Lehrzeit im Kreis Plön, denn Knicks seien ja nicht nur „en Biotop för Planten un Deerten sünnern ok för Dörpgören“.

Großen Applaus erntete auch unser Knick-Imagefilm vom Naturfilmer Joachim Hinz, der am Mittwoch erstmals einem größeren Publikum vorgeführt wurde. Der Film, den es auf Hoch- und Plattdeutsch gibt, kann auf unserem YouTube-Kanal angesehen oder über den SHHB ausgeliehen werden, zum Beispiel als Lehrfilm.

Unsere Knicklandschaft in Schleswig-Holstein – Ein Refugium für die Natur