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Samlandmuseum der Kreisgemeinschaft Fischhausen

Im Fahltskamp 30 in Pinneberg ist das Samlandmuseum der Kreisgemeinschaft Fischhausen beheimatet und kann auf Anfrage besichtigt werden.

Adresse:

Fahltskamp 30
25421 Pinneberg

Die Samlandausstellung der Kreisgemeinschaft Fischhausen

Im Jahr 1951 stimmte der Pinneberger Kreistag dafür, eine Patenschaft für den ehemaligen ostpreußischen Landkreis Fischhausen im Samland zu übernehmen. Dies ging maßgeblich auf den ehemaligen Samländer und letzten Kreisheimatpfleger im „Samländischen Kreisarchiv und Museum“ Hermann Sommer zurück, der nach der Flucht in der Stadt Pinneberg Zuflucht fand. Er und weitere ehemalige des Kreises Fischhausen richteten sich in der Stadt eine kleine Geschäftsstelle ein, in der auch einige Exponate aufbewahrt wurden, die Hermann Sommer auf der Flucht mitführen konnte. Das Bürgerhaus am Fahltskamp 30 in Pinneberg ist das heutige Domizil der Samland-Ausstellung und die Geschäftsstelle der Kreisgemeinschaft Fischhausen.

Das Samland und der Kreis Fischhausen

Der Kreis Fischhausen und der Landkreis Königsberg in Preußen bildeten zusammen das Samland im Norden Ostpreußens. Beide selbständigen Kreise wurden 1939 zum neu gebildeten Kreis Samland vereint. Der Kreis Samland hatte zu dieser Zeit rund 120.000 Einwohner und eine Fläche von 1.923 km². Auf den Kreis Fischhausen fielen etwa 65.000 Einwohner und eine Landfläche von 1.047 km² sowie eine Wasserfläche von 727 km².

Der größte Ort des Kreises war Pillau (Baltijsk) mit etwa 12.400 Einwohnern. Der Sitz der Kreisverwaltung war bis zum Jahr 1939 und während der letzten Wochen 1945 die Stadt Fischhausen (Primorsk). Weitere bekannte Orte an der samländischen Steilküste waren Rauschen (Svetlogorsk), Neukuhren (Pionerskij) und das Ostsee- und Moorbad Cranz/Kranz (Zelenogradsk). Die Kurische Nehrung mit der bekannten ersten Vogelwarte in Rossitten (Rybacij) und der urwüchsigen Dünenlandschaft gehörte mit zum Kreis Fischhausen. Die Stadt Palmnicken (Jantarnyj) erlangte wegen des „Samlandgoldes”, dem Bernstein, ebenfalls eine große Bekanntheit.

Nach dem Zweiten Weltkrieg schlossen die beiden Kreise getrennte Patenschaften. Der Kreis Minden-Lübbecke in Nordrhein-Westfalen übernahm die Patenschaft für den Landkreis Königsberg im Jahre 1955. Zuvor übernahm im Jahre 1951 der Kreis Pinneberg die Patenschaft für den Kreis Fischhausen.

Das Samland als Naturlandschaft

Das Samland war industriell im Vergleich zum Rest des Deutschen Reichs weniger stark entwickelt. Die Naturlandschaft im Samland unterschied sich von den anderen Teilen Ostpreußens. Sie zeichnete sich durch die Steilküste zur Ostsee sowie durch Hügel und Schluchten aus. Weniger prägten Wälder und Seen die Landschaft. Nur etwa 23 Prozent der Fläche des Samlands waren bewaldet. Die Orte an den Steilküsten des Samlands waren vergleichsweise dünn besiedelt. Lediglich der größte Ort Pillau hatte vor Beginn des Zweiten Weltkriegs mehr als 10.000 Einwohner. Vor dem Zweiten Weltkrieg führte keines dieser Dörfer an der Samlandküste den Status einer Stadt und auch größere Orte, wie Neukuhren (im Jahr 1939 etwa 4.700 Einwohner) behielten eher den Charakter eines Fischerdorfes. Die Natur der Küste ist unter anderem in Reiseberichten, Briefen, Erinnerungen sowie in der Literatur und Kunst ein immer wiederkehrendes Thema. Dies zeigt sich auch auf den Fotografien, die man in der Ausstellung sehen kann.

Das Samland als Bernsteinregion

Der Bernstein spielt eine besondere Rolle in der Geschichte und Kultur Ostpreußens. Schon im 5. Jahrhundert vor Christus erwähnt der griechische Geschichtsschreiber Herodot die Region des heutigen Samlands und bezeichnete es als „Bernsteinland“. Der Grund dafür lag an der Küste des Samlands. Nirgendwo sonst kam es zu so vielen Bernsteinfunden wie dort. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg war der Begriff „Bernsteinküste“ für den dortigen Küstenabschnitt international bekannt. Der Bernstein selbst wurde als „Baltisches Gold“, „Gold der Ostsee“, „Gold des Baltikums“ oder auch als „Ostseegold“ bezeichnet. Hier befand sich über mehrere Jahrhunderte das Zentrum der Bernsteinindustrie.

Seit der Ordenszeit im 13. Jahrhundert war das Samland durch die Gewinnung und Verarbeitung von Bernstein geprägt. Bis 1945 war es aber immer nur bestimmten Gruppen erlaubt, Bernstein zu sammeln und zu verarbeiten. Im Mittelalter unter dem Deutschen Orden lag dieses Recht bei dem Hochmeister (höchster Beamter innerhalb des Deutschen Ordens), später bei anderen Staatsbediensteten. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts verpachtete die preußische Regierung die Bernsteingewinnung. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts verpachtete die preußische Regierung die Bernsteingewinnung. Der Kaufmann Moritz Becker begann mit seiner 1858 in Memel gegründeten Firma die Bernsteinvorkommen mit intensiven Kapital- und Maschineneinsatz auszuschöpfen und erlangte große Bekanntheit. Bei Palmnicken entstand 1875 das weltweit erste Bernsteinwerk, was den Ort zur Großgemeinde heranwachsen und zum Weltzentrum der Bernsteinindustrie werden ließ. Der Bernsteinabbau fasste damals mehr als 400 Tonnen pro Jahr. Becker verkaufte die Firma 1899 an den preußischen Staat. Nach dem Ersten Weltkrieg, der dem Absatz großen Schaden zugefügt hatte, wurden neue staatliche Strukturen geschaffen und 1924 die „Preussag AG“ und 1926 die „Staatliche Bernstein-Manufaktur GmbH“ im Auftrag des Staates gegründet, die die Bernsteingewinnung und den Handel verwalten sollte.

Einheimische und Touristen konnten im Samland vielerorts Schmuckstücke und Gebrauchsgegenstände aus Bernstein erwerben. Fabriken, vor allem in der Stadt Königsberg, stellten sie für den Massenbedarf her. Auch in der Namensgebung manifestierte sich der Bernstein in der Region. So gab es beispielsweise in Palmnicken die „Bernstein-Drogerie“ und in Neukuhren eine „Bernstein-Apotheke“. Auch in der Namensgebung von Straßen und anderen Orten fand sich der Bernstein wieder. Bis heute ist der Bernstein in der Region präsent. So zeigt das Wappen der Stadt Palmnicken ein Mädchen, welches Bernstein in den Händen hält.

Das Samland als Fischfang-Gebiet

Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich im Samland zwei Arten des Fischfangs: Die Haff- und die Seefischerei. Nicht alle Orte des Samlands waren jedoch gleichermaßen am Fischfang beteiligt. Traditionelles Zentrum war Pillau, wo dem Störfang eine besondere Bedeutung zukam. Pillau und Neukuhren waren die größten Häfen im Samland bzw. in ganz Ostpreußen. Insbesondere Pillau hatte eine jahrhundertealte Fischertradition. Der erste künstliche Liegehafen entstand dort im Jahr 1683. In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war auch Cranz als Fischereiort bekannt, jedoch siedelten viele Fischer in den 1920er Jahren in das benachbarte Neukuhren um. Die Fischfangarten unterschieden sich in Schleppnetzfischerei (Plattfische, Dorsche, Sprotten, Heringe und Lachse) und Angelfischerei (Sandaalen und Suttern).

Jedoch erlebte die Fischerei des Samlandes seit der Mitte des 19. Jahrhunderts einen schrittweisen Rückgang, der mit dem Rückgang der Störpopulation seinen Anfang nahm. Die Fischerei als Wirtschaftszweig büßte an Bedeutung für die Küstenorte ein. Die Zahl derjenigen, die von der Fischerei lebten, ging im 20. Jahrhundert stetig zugunsten von Beschäftigungen in der Landwirtschaft und im Fremdenverkehr zurück. Vielfach wurde nur noch für den Eigenbedarf gefischt. Dennoch blieben die Fischer wichtige Akteure, die das Ortsbild und das kulturelle Leben nach wie vor prägten. Der Organisationsgrad unter den verbliebenen Fischern verbesserte sich. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden beispielsweise erste Fischer- und Genossenschaftsvereine gegründet.

Die Wahrnehmung des Samlands als Fischfangregion war also weniger durch die wirtschaftliche Bedeutung für die Region, sondern vielmehr von den Erfahrungen der Badegäste geprägt. Was für Fischerfamilien aufwendiges Arbeitsfeld war, sahen Touristen als Attraktion und ungewöhnliches Erlebnis an. Ihre Wahrnehmungen manifestierten sich in verschiedensten Dingen, wie beispielsweise Ansichtskarten, sowie grundsätzlich in der Literatur und in der Kunst. Die Fischerei im Samland erlebte eine Popularisierung. Auch viele Reiseführer aus der Zeit berichteten über die Tradition der Fischerei in der Region. Auf der anderen Seite wurde diese Tradition für Touristen auch als attraktiv inszeniert. Es gab beispielsweise spezielle Veranstaltungen mit Umzügen und volksfestähnlichem Charakter. Fischereidarstellungen in der Kunst finden sich in den Werken der Königsberger Maler Werner Riemann und Helene Neumann sowie im Werk des Bildhauers Hermann Brachert wieder. Einige Wappen und Poststempel des Samlands im 20. Jahrhundert nehmen Bezug auf die Fischerei. Das Wappen der Stadt Pillau zeigt einen Stör und die Stadt Cranz führt im historischen Wappen eine Flunder. Der Neukuhrener Poststempel zeigte einen Lachs und die Inschrift „Deutschlands größter Lachsfangplatz“.

Die Fischereitradition hat sich, trotz eher geringer wirtschaftlicher Bedeutung, im kollektiven Bewusstsein des Samlands und seiner Bewohnerinnen und Bewohner verankert. Eine Vielzahl an Fotomotiven, Aquarellen, Symbolen und Festtraditionen, Reiseberichten sowie Erinnerungen der Heimatvertriebenen thematisieren das Samland als Region der Fischerei. Dabei ist dieses Bewusstsein tendenziell positiv konnotiert. Die schwere Arbeit der Fischer sowie Unglücke in der Ostsee wurden weitgehend ausgeblendet. Heutzutage hat das Kaliningrader Gebiet die Identität als Fischereiregion weitgehend verloren.

Das Samland als Seebäderregion

Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand organisierter Badebetrieb an den Ostseeküsten. In Cranz etablierte sich seit 1816 das wahrscheinlich älteste Seebad des Samlandes. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entstanden außerdem die Seebäder in Rauschen (1820), Neuhäuser (1865) und Georgswalde (1867). Auch Neukuhren wird als Seebad geführt, ein Gründungsjahr ist allerdings nicht bekannt. Bereits zu dieser Zeit wurden die Orte als Erholungs- und Vergnügungsorte präsentiert. Um als Seebad zu gelten, musste der Ort einen Küstenzugang, zweckentsprechende Kureinrichtungen sowie einen vorwiegenden Kurortcharakter aufweisen.

Um 1900 war Cranz das mit Abstand größte Seebad des Samlands, nicht nur aufgrund der Menge an Einwohnern, sondern auch aufgrund der Anzahl vorhandener Bäder sowie des breit gefächerten Bäderangebots. Es gilt als ein Vorreiter der Bäderkultur in der Region. Im Jahr 1903 hatte Cranz über 10.000 Besucher. Etwa 10 Prozent davon waren ausländische Touristen. Mit der Entwicklung des Bädertourismus und der fortschreitenden Urbanisierung entwickelten sich die Seebäder an der Küste zu gesellschaftlichen Zentren. Der Heilaspekt der Seebäder trat zu Beginn des 20. Jahrhunderts zugunsten des Tourismus und des Fremdenverkehrs zunehmend in den Hintergrund.

Die Erschließung der Region mit der Eisenbahn um die Jahrhundertwende leistete einen erheblichen Beitrag zu der touristischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Region. Aus der Stadt Königsberg sind viele Menschen an die Küste gereist. Besonders Cranz konnte durch die Verkehrsanbindung profitieren. Der Bahnverkehr wurde noch bis Anfang des Jahres 1945 aufrechterhalten. Zu dieser Zeit nutzte man ihn allerdings nicht mehr für den Transport von Badegästen, sondern zur Evakuierung der fliehenden ostpreußischen Bevölkerung. Die Eisenbahnen sind heutzutage weitgehend stillgelegt. Bahnhofsgebäude sind oftmals noch in den Orten erhalten geblieben, sie werden aber nicht mehr angefahren.

An die naturbelassenen Küstenorte wollte man fahren, um sich von sozialen Zwängen, Industrielärm sowie Alltagsproblemen in den neuen Großstädten frei zu fühlen. Die Seebäder des Samlands konnten dabei eine sehr heterogene Besuchermasse befriedigen, von Beamten und Professoren über Studierende bis zu Künstlern und Kindern. Besonders in Kindheitserinnerungen ist der Strand des Samlands als ein Ort der Freiheit bekannt. Diese Freiheitsräume konnten nach Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr in diesem Maße genossen werden. Die militärische Besetzung und die Atmosphäre des Kalten Kriegs sowie das schwierige Alltagsleben verhinderten dies. Die neuen Einwohner nahmen die Orte nicht mehr als Erholungsgebiete wahr, sondern als Siedlungs- und Wirtschaftsraum. 

Verknüpfungen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Samlandmuseum

https://www.bkge.de/Heimatsammlungen/Verzeichnis/Herkunftsgebiete/Ostpreussen/Samlandmuseum.php

Literatur:

Olga Kurilo: Kulturlandschaft Samland. Kollektives Gedächtnis und Identitätswandel vom 19. Bis zum 21. Jahrhundert, Berlin 2016.

Paul Gusovius (Hg): Der Landkreis Samland. Ein Heimatbuch der ehemaligen Landkreise Königsberg und Fischhausen, Würzburg 1966.

Ansprechpartnerin:

Bernadett Skala
Tel 0431 98 384-17
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